Impulse & Inspirationen

Ein Blog von Kirstin Kluckert

TIMES
Themen: Reisen
14. März 2023

TIMES

Es ist schon eine ganz aussergewöhnliche Sache, so durch China zu laufen. Ich bin noch ganz benommen vom Flug und schaue durchs Autofenster auf die grau-staubige Stadt Peking. Sie rauscht an mir vorbei. Es ist warm, etwas feucht auch und ich fühle mich sofort wieder wohl in diesem asiatischen Klima. Es ist als wäre Asien eine altbekannte Vertraute, ein längst vergessenes liebes Gesicht, das ich sofort wieder erkenne.

Die Luft ist schwer zu atmen, viel Smog heute. Und die Menschen laufen alle in kurzen Hosen und Röcken. In China gibt es jede Menge lustiger T-Shirts, die von allen Altersgruppen getragen werden. Manchmal mit wirklich erstaunlich widerspenstigen Sprüchen oder Hinweisen, wie der Mensch sich betrachtet wissen möchte. Manchmal auch einfach nur albern. Ich freue mich über den Mut, der sich hier zeigt.

Natürlich ist hier überall zu bemerken, wie sehr die Menschen sich beobachtet fühlen. Und wenn man auch nur mit der U-Bahn fahren möchte, wird Jeder inklusive Handgepäck gescannt. Das ist schräg, denke ich, aber hier ganz wichtig und vertraut. Bei den ersten Ausflügen habe ich eine Wasserflasche aus Metall dabei. Wie immer, wenn ich unterwegs bin. Doch jetzt erregt sie äusserstes Misstrauen. Sie wird aus der Tasche entfernt und begutachtet. Schliesslich wird sie mir vor den Mund gehalten mit der unmissverständlichen Aufforderung: DRINK. Ich drinke und zeige, dass es nur Wasser ist. Das ganze passiert mir dreimal, bei jedem Gang durch die Stadt und das wars mit mitgebrachtem Wasser. Ab sofort nur noch klar erkennbares gekauftes Wasser in Plastikflaschen. Das ist besser.

Peking ist für mich angenehm und wirklich heimelig. Ich mag die Strassen und Parks. Vor allem, wenn es dunkel wird und die Stadt mich mit Hunderten roter Lampions begrüsst. Wenn die Restaurants und Imbisse brodelnd voll sind. Wenn handgezogene Nudeln geschlürft werden und ganze Karpfen auf den Tischen stehen. Essen ist hier ganz grosse Klasse. Ein gewöhnliches Essen für eine Familie braucht locker zehn Komponenten. Davon mindestens fünf mit Fisch oder Fleisch und fünf mit Gemüse. Es gibt ganze Hühner im Topf, die leuchtend gelb scheinen. Unglaublicherweise hat man ihnen den Kopf entfernt und stattdessen ein hübsches Köpfchen aus der Haut zusammengeschnitzt. Wer das wohl kann?

Wer so durch Peking oder andere grosse Stadtzentren in China läuft, kann viel Altes und ganz viel Neues sehen. Hier ist man ganz schnell im Häuser und Brücken und Mauern bauen. Die Wolkenkratzer sind riesig, nicht nur hoch, nein auch extrem breit. Die einzelnen Stockwerke können sicher Hundert Menschen beherbergen ohne, dass man sich auf die Füsse tritt.

Doch dazwischen in kleinen Arealen blüht das Leben, so wie ganz früher. Dazwischen liegen Gassen, die von der Zeit vergessen wurden. Die Hutongs. Alte verfallende Häuschen vor denen die weisen Herrschaften sitzen, die sich nicht ans moderne Leben anpassen möchten. Viele Häuschen haben nur ein Zimmer, kein fliessendes Wasser und keine Toiletten. Gewaschen wird auf der Gasse in kleinen Waschbecken, die für alle da sind. Kabel hängen über den Köpfen, ein wahres Gewirr, wie so oft in Asien.

Den wohlhabenderen Herrschaften der Städte sind diese kleinen Flecken des Widerstandes gegen die Moderne ein rechter Dorn im Auge. Man saniert sie weg. Doch noch gibt es ein paar Gassen und Strässchen, die sich verstecken konnten. Die Kinder spielen hier auf der Strasse und lachen mich offen an. Die Alten schauen ganz friedlich und sitzen, wie vor Hundert Jahren, vor dem Haus. Es riecht nach fünf Kostbarkeiten.