Impulse & Inspirationen

Ein Blog von Kirstin Kluckert

PILGERN II 27. März 2023

PILGERN II

Nur wer hier schon gepilgert ist, kann den Buddhismus wahrlich erfahren.
Nur wer hier schon gesessen hat und die Tauben beobachtet hat, weiss warum man hier pilgern muss.

Boudhanath, Tibets zweite Heimstatt. In der letzten Zeit dieser riesigen und sehr besonderen Stupa gab es viel Chaos. So einige Male wurden die Augen wieder erneuert. Das letzte Mal wohl nach dem Erdebebn, das man im ganzen Tal von Kathmandu spüren konnte.

Es ist zwar kein grosser Schaden entstanden, doch viel Putz ist herabgefallen. Und es ist auch viel in der Umgebung zerstört worden. Geht man heute um diese Stupa herum, so scheint sie noch immer fast wie neu. Das Weiss ist noch leuchtend und sauber. Und die Augen des Buddhas leuchten in klaren Farben zu uns herab.

Seit ich denken kann, wollte ich diese Augen sehen. Es vergingen einige Jahre bis ich überhaupt wusste, wo sie zu finden sind. Doch sie haben mich begleitet seit ich ein ganz junges Mädchen war.

Es ist schon erstaunlich, dass man sich manchmal so schwer tut, die wahren Dinge im Leben herauszufinden. Aber alles kommt zur rechten Zeit. Und Zeit ist sowieso relativ. Was ist schon Zeit im Gegensatz zu ewigen Wahrheiten.

Ich betrete den Platz vor der Stupa mit Ehrfurcht. Alles in mir ist voller Vorfreude. Ich betrete den Eingang, um auf die Stupa zu gelangen. Noch ein wenig näher an die Augen der Weisheit. Es ist als würde man auf Dächern laufen. Der Boden ist überall leicht gewölbt und strahlend weiss getüncht. Ich möchte auf Zehenspitzen laufen um das Weiss zu ehren. Ich möchte ganz leise hier sitzen und nur hinaufsehen. Die Zeit vergeht schneller hier. Und der Wunsch hier zu bleiben oder wieder hierher zu kommen wächst. Es ist ein ziel im Leben hier zu sein.

Unten, vor der Stupa, kann man im Kreis um sie herum gehen. Die Augen wenden den Blick nicht von mir. Zur Rechten sind Gebetsmühlen an der Mauer angebracht und auch grosse Mani Khorlos. So kann man die Mantras ins unzählige Vervielfältigen. So kann man den Segen verstärken. Für sich und die ganze Welt.

Oben, in der Spitze der Stupa, sind Juwelen und Geschmeide unter einem kleinen goldenen Dach verborgen. Von der Spitze herabgezogen hängen Hunderte von Gebetsfähnchen. Sie leuchten in den universellen Farben der Weisheit. Dahinter der Himmel, ein leuchtendes undurchdringliches klares Hellblau. Unzählige winzige Wölkchen aus Watte schweben darunter. Man kann sich hier ganz leicht verlieren. Im Hellblau und im Weiss. Und in dem durchdringendem Blick der ewig schauenden Augen. Sie sehen nicht mich oder Dich. Sie berühren mich und Dich. Und daher kommt der Mensch, der so berührt wurde wieder. Und wieder. Und wenn er diese Augen nicht mehr erreichen kann, so wird er sie gewiss woanders finden.

Wir sind nie allein. Wer hier gepilgert ist, wird beobachtet mit liebendem Blick. Wer hier seine Runden gedreht hat, hat Buddha immer im Herzen.