Impulse & Inspirationen

Ein Blog von Kirstin Kluckert

NACHTWACHE
Themen: Reisen
20. Februar 2023

NACHTWACHE

Amsterdam. Nach 25 Jahren setze ich meine Füsse wieder auf den Boden dieses pittoresken Städtchens. Mit den niedlichen schmalen Häuschen in bunten Farben, mit den tausend Brücken und sanft sich wiegenden Spiegelbildern. Eine Stadt mit wirklich vielen Gesichtern. Der Jugendliche bestaunt hier wohl meist die Gassen mit den Coffeshops und die erstaunliche Liberalität. Der Tourist an sich entdeckt hier Kunst und Originalität, gute Küche und Einladungen in längst vergangene Zeiten.

Nie hat es in anderen Städten eine solche Anhäufung an Museen gegeben. Es sollen wohl an die 70 sein. Mir sind nicht alle untergekommen. Aber der künstlerische Geist und Sinn, der tiefe Wunsch nach Schönheit und Ausdruck, der hat hier wohl Tradition. Nicht zu vergessen, dass genau hier in längst vergangenen barocken Zeiten die ersten Cafes eröffnet haben und als Tummelplatz für die illuster muntere feine Gesellschaft dienten. Hier hat man wegweisende Pläne und Komplotte geschmiedet. Hier wurde das Weltgeschehen in hübscher Beschaulichkeit beobachtet. Und so mancher Handel, der hier unter dem Einfluss der neuen Droge Kaffee mit einem Handschlag abgeschlossen wurde, hat Weltgeschichte geschrieben.

Der Holländer an sich ist von ruhiger Natur, freundlich und offen. So habe ich sie jedenfalls oft erlebt. Der Amsterdamer jedoch ist ein Beobachter, der noch ein wenig zurückhaltender ist, als die Bewohner der umliegenden Städte. Dort ist es nicht ganz einfach gewesen, so mit den vielen kleinen und grossen Kriegen und mit dem ganzen Handelsinteressen. Dort musste man sich ein wenig auskennen, um mitzuhalten. Und man musste eine Menge Goldmünzen sammeln, um den Ton anzugeben.

Wer hier Einfluss und Gold besass und dazu noch über einen feinen Stammbaum verfügte, der liess sich gerne porträtieren. Kirchenmänner und Kriegshelden wollten so in ihrer vollen Pracht festgehalten werden. Und was heute in einer Sekunde machbar ist, dauerte damals Monate.

Eine der berühmtesten Szenen der barocken Kultur wurde vom vielgeliebten Maler Rembrandt festgehalten. 23 starke Männer, Schützen, Leutnant und Hauptmann, Mägde und staunende Kinder stellten sich mit ihren holländischen Gesichtern und Uniformen für eines der berühmtesten und eindrucksvollsten Riesenportraits der Zeit zur Verfügung. Ein Schützenzug, eine Kulturposse, wie sie schöner kaum sein kann. Die Nachtwache! Viel gerühmt, bestaunt und attackiert, bewegt das überdimensionale Bild noch heute die Gemüter. Wer die Nachtwache nicht bestaunt hat, hat keine Ahnung von Amsterdam. Wer nicht mit barocken Bildern im Kopf durch den Grachtengürtel wanderte und in Familienhäuser spähte, deren Bewohner schon längst vergessen sind, weiss nicht, worum es hier einst ging. Amsterdam ist eine Kulturstadt von Weltrang. Das ist nicht zu übersehen. Darum ist ein Blick in die Museen und Innenräume so einzigartig. Es gibt so viel verstecktes und nur auf den zweiten Blick zu erkennendes. Es ist ein Fest für den Freund von Kunst und Kreativität.