ELECTRIC PARADE
Ich liebe Disneyworld. Ich liebe das bunte Treiben in dem totalen Kitschparadies. Von Disney erdacht, wahrhaft in Szene gesetzt aber von den japanischen Menschen, die hier alles geben.
Es ist nicht auszudenken und auch schwer vorstellbar, doch hier ist Disneyworld zu Hause.
Man mag so einiges über japanische Menschen denken, das sich über die letzten Jahrhunderte in unseren Köpfen festgesetzt hatte. Ich habe noch nie soviel einfache, kindliche Freude am so wie hier inszenierten Samsara gesehen. Und das ist absolut meine Meinung. Ja, vielleicht bin ich auch etwas japanverliebt. Das ist auch nicht schwer, wenn man so als deutsche Person hier eintauchen kann, in diese andersartige und doch so gleiche Kultur. Zu Hause und gleichzeitig völlig fremd war mir das Japan zuerst. Mit ein paar Tagen Einblick und ein wenig Offenheit, kann man sich aber schnell wohlfühlen. Auch als so auffälliger Tourist.
Was habe ich gelacht und mich gefreut, über die wunderbare Art der japanischen Besucher*innen. Egal wie sehr sonst auf Etikette geachtet wird, hier setzt man sich auch zum schicksten Outfit die Mausohren mit gepunkteter Schleife auf. Und wenn das zuviel ist, dann zumindest eine riesige gepunktete Schleife auf die wohlfrisierten Haare.
Mein liebster Ort ist der Alice im Wunderland-Themepark. Es gibt fast stündlich kleine Paraden, bei denen dutzende von Tänzer*innen mit Häschenohren und viktorianischen Minikleidern oder in puschelbesetzten Hotpants die Beine schwingen. Die Darbietungen sind so ernsthaft in ihrer Albernheit, dass es mich zutiefst rührt. Nie habe ich Menschen überzeugender Häschen oder Backenhörnchen spielen sehen.
Auch die Rides, bei denen der echte Effekt auf Beschleunigung und Rumgeschüttelt werden besteht, hat mir super viel Spass gemacht. Hier hat man das Gefühl gut aufgehoben zu sein. Es gibt keine zu langen Wartezeiten, die Betreuung ist superfreundlich und hilfsbereit und winkt einem noch hinterher ohne dabei unglaubwürdig zu sein.
Und wenn der Mond schon über dem Cinderellaschloss aufgeht, dann ist die Electric Parade nicht mehr weit. Im Dämmerlicht schnell noch einmal durch den ganzen Park wandern, weil jetzt alles anfängt zu leuchten und zu glühen. Auch die Menschen, ganz erschöpft vom vielen Herumlaufen und Schreien und Juchzen, haben glühend roten Wangen. Schnell noch einmal auf den fliegenden Dumbo gesprungen, schnell noch einmal in die rasend sich drehende Teetasse gehüpft und überlegt, was habe ich bloss noch nicht gemacht?
Und ja, dann noch einmal zu Winnie Pooh. Ein Kinderbuchtraum, durch den ich gewirbelt und gedreht werde. Hübsch anzusehen, schon fast veraltet. Doch auf der Seite von Tigger Too beginnt völlig unerwartet das eigene Vehikel gemeinsam mit Tigger zu hüpfen, im gleichen Takt und ich bin für immer verzaubert. Das ist unschlagbar.
Und schliesslich die Abschlussparade im Dunkeln. Alle sitzen und stehen an der Disneyhauptstrasse und warten. Die Kinder gähnen und haben Durst. Dann geht es los mit Lichtertraum und Farbenrausch und einer sich immer wiederholenden kleinen Melodie. Ein Brainwashing der feinsten Art. Da gehen einem die Augen über und das Herz auf. Tokyo leuchtet für immer in meinem Kopf.