Impulse & Inspirationen

Ein Blog von Kirstin Kluckert

Buddhas Stadt in Tibet 05. August 2018

Buddhas Stadt in Tibet

 - auf dem Dach der Welt. "Lhas sa", der Ort der Könige und Götter liegt auf über 3.500 Metern über dem Meeresspiegel im märchenhaften Himalaya-Gebirge. Trotz der schwindelerregenden Höhe ist es nicht karg in Lhasa. Inmitten eines fruchtbaren Flusstals des Yarlung Tsangbo liegend, ist die Stadt im Sommer umgeben von Senf-Feldern und summenden blühenden Wiesen und schaut auf die herrschaftlichen Steinriesen.

Soviel mehr Licht

Fliegt man nach Lhasa kann man schon im Flugzeug einen beachtlichen Höhenanstieg bemerken. Die Luft, das Licht ist hier verändert und das Herz herausgefordert. Es schlägt schneller. Der erste Blick auf das Land, wenn der Fuß die Erde berührt ist atemberaubend hell. Da ist soviel mehr Licht. Als könnte das Auge mehr sehen, der Blick alles mehr durchdringen. Es ist wie in einem lichten Traum. Der Himmel reicht soweit der Blick schweift und ist von dichtem türkisblau.
Man fährt eine Weile mit dem Auto in die Stadt hinein, vom kleinen Flughafen aus. Lhasa ist kein verschlafenes Dorf, es ist eine echte Hauptstadt. Große, breite und saubere Strassen, umrahmt von Laternen und kleinen Zäunen mit hübschen buddhistischen Ornamenten. Wunscherfüllende Juwelen, ewige Knoten, Dharma-Räder, alles in schönen klaren Farben.

Lächelnde, offene Gesichter

Die einheimischen Passanten haben offene, kernige Gesichter. Sie lächeln gerne und scheuen sich nicht Dich anzuschauen. Die Frauen tragen lange Röcke aus fester Seide in Naturtönen und eine gewickelte Bluse, gehalten von einer engen Schürze mit einem farbenfrohen Streifenmuster. Die jungen Frauen tragen lange schwarze Zöpfe, die sie manchmal am Rücken zusammenflechten. Auch die Herren wickeln ihre dicken schwarzen Haare gerne mit roten Bändern um den Kopf. Je jünger und hübscher die Menschen, desto auffälliger ihre Frisuren.
Es gibt kleine Lokale mit Namen wie "Der Schneelöwe" in den kleinen schwarzweißen Häusern. Wenn man sich hinein traut und die versteckten Gasträume in den oberen Geschossen findet, servieren einem junge Mädchen einfache, herzhafte Kost mit viel Knoblauch und raffinierten Teigtaschen. Die traditionellen Häuser in der Altstadt haben nicht mehr als zwei Etagen und wirken wie weiße Kästchen mit schwarzen Balken abgesetzt. Unser Hotel hat vier Etagen und vom flachen Dach aus kann man weit in die Berge schauen. Diese sind nicht schneebedeckt sondern von einem sanften Rot wie Wüstensand. Hohe Fahnenstangen mit bunten tibetischen Gebetsfähnchen umrahmen den Blick auf die Stadt. Inmitten der Wohnhäuser, blitzen hier und da goldene Dächer der Tempel auf. Rechterhand kann man den Potala sehen, in dem noch heute das Zimmer des Dalai Lamas auf seine Rückkehr wartet. Fast tausend Stufen muß man erklimmen, um in die burgartige Anlage zu kommen. Geradezu leuchtet der Jokang, der Haupttempel und das religiöse Zentrum Lhasas. Und nicht nur jeder Tibeter möchte mindestens einmal im Leben zu Fuß den Jokang umrunden.

Schummrige Tempelräume

Der Duft brennenden Sandelholzes durchzieht die Gassen. Auf dem Hauptplatz vor dem Jokang raucht es dunstig und in dicken Schwaden. Die Öfen erinnern an grosse ovale Eier, die auf einem quadratischen Unterbau sitzen. Es ist märchenhaft und unwirklich. Hunderte werfen sich nieder, sitzen vor dem Tempel und drehen ihre Gebetsmühlen. Mit dicken Malas in der Hand wandern sie immer rechtsherum um den Tempel. Innen ist es schummrig und warm. Es riecht nach Yakbutterfett, die Opfergabe der Bauern, manchmal lecker, salzig und manchmal auch derb und ranzig. In jeder Nische brennen dutzende Dochte im Fett. Nur die Kerzenflammen erhellen die fensterlosen Tempelräume. Alle Wände sind bedeckt mit wunderschönen Malereien, zart verblassend in Blau- und Grüntönen. Sie erzählen Buddhas Geschichte, berichten von Bhardos, Himmeln und Höllen der fühlenden Wesen, zeigen pure Visionen der Götter.

Alle wollen zu Buddha

Die Pilger drängen in dieser dämmrigen Heimeligkeit dicht zu einem grossen goldenen Buddha mit strahlendem Gesicht. Ein dickes Seil, verbunden mit ihm, reicht quer durch den Raum und jeder versucht dieses Seil zu berühren. Ein Wunsch wird dann erfüllt, so heißt es. Hier in diesem warmen Gedränge gibt es keine Berührungsängste. Alle wollen zu Buddha, alle sind eins in diesem Streben und drängen gemeinsam Schritt für Schritt in der Dunkelheit dem Segen entgegen. Die tibetischen Buddhas schauen milde lächelnd auf uns herab. Manchmal einzelne, riesige, würdevolle Buddhas, Gurus, Taras und oft hunderte kleiner Statuen an einer einzigen Wand. Nicht nur in Lhasa, sondern in ganz Tibet finden wir diese wunderbaren Orte Buddhas.

In Samye, dem ersten tibetischen Kloster, gegründet von dem zweiten Buddha Padmasambhava kann man Wände entlang schreiten, an denen meterhohe goldene Buddhas stehen und segnend die Hände über Schüler halten. Lamas sitzen ebenso in Reihen auf goldenen Lotussen und beobachten mit starrem Blick jeden Schritt. Tritt man in das Hauptgebäude von Samye ein, macht einen Schritt nach links und schaut sich um, kann man drei Statuen von Padmasambhava gleichzeitig sehen. Links vor den Gebetskissen, rechts neben dem Eingang und weiter hinten im Altarraum der prunkvollste und größte Guru. Padmasambhava inkarnierte erleuchtet und ist als Vidyadhara, als großer Held bekannt.

Wunderbar und großherzig

Viele sagenhafte Geschichten werden von diesem zweiten historischen Buddha erzählt, er war übermenschlich, wunderbar und großherzig. Ein Hüter geheimen Wissens, der Schätze der Weisheit im Himmel verstecken konnte, führte mich wie soviele andere auf buddhistische Wege. Ich schrieb einen Artikel über Padmasambhavas sagenumwobene Lebensgeschichte und sah dabei im Geiste die Orte seines Wirkens vor mir. Wie beeindruckend war der mandalaförmig angeordnete Tempelbau Samyes. Himmelswesen, Boddhisattvas, Daikinis halfen beim Bau dieses ersten tibetisch buddhistischen Klosters, so dass es noch vor Ablauf eines Jahres fertiggestellt werden konnte. Nachts konnte man die erleuchteten Wesen dort tanzen sehen.
Es benötigte nur wenige Monate bis mein innerer Wunsch dies zu sehen mich leibhaftig nach Samye trug. Meine Füße berührten die karge Erde um die Stupas dort, meine Hände drehten die langen Reihen der stehenden Mani-Räder. Räder, die mit jeder Drehung Mantras unzählige Male vervielfältigen.

Alle Wünsche werden erhört

Der Wunsch brachte mich nach Samye.
An heiligen Plätzen erfüllen sich unsere Wünsche besonders schnell. Und manchmal trägt uns gerade der Wunsch zu diesen Orten. Wir wünschen magische Momente, um uns inspirieren zu lassen. Sie schenken uns Visionen und machen uns Mut.